In unseren Einsteigerkursen kommt immer wieder die Frage auf, mit welchen Kameraeinstellungen man den (Voll-) Mond fotografiert. Die Teilnehmer sind fast immer der Meinung, dass man dafür eine hohe ISO-Zahl und eine lange Belichtungszeit benötigt. Das scheint im ersten Augenblick einigermaßen logisch. Schließlich fällt uns der Mond meistens nachts auf und nachts ist es bekanntlich dunkel. Bei genauer Betrachtung ergibt sich jedoch genau das Gegenteil.

Die richtige Belichtung

Gleich vorweg: Bei Vollmond in der Nacht, also bei pechschwarzem Himmel, wird die Belichtungsmessung der Kamera in den meisten Fällen ein falsches oder zumindest nicht ganz richtiges Ergebnis liefern. Warum das so ist wird weiter unten erläutert. Wer sich auf die Automatik verlässt, wird fast immer einen völlig überbelichteten Vollmond im Bild haben. Das verwundert viele Einsteiger in die Fotografie und selbst einige ältere Hasen, die nicht über die Problematik nachgedacht haben.

Der Mond wird von derselben Sonne beleuchtet wie die Erde. Das ist im Prinzip jedem klar (ok, ein paar Flacherdlern ist das nicht klar, aber das hat nichts mit Fotografie zu tun … ). Nur ziehen viele Fotografen nicht den richtigen Schluss daraus. Wenn die Sonne dieselbe ist und die Entfernung von der Sonne gleich groß ist, dann ist es auf dem Mond auch genau so hell, wie an einem wolkenlosen Tag auf der Erde (Da der Mond keine Atmosphäre hat, die das Licht streut, ist es dort sogar noch ein klein wenig heller als auf der Erde.) Mit anderen Worten: Es gilt der uralte Spruch „Sonne lacht, Blende 8“. Jetzt sagt ihr vielleicht „Na gut, Blende 8 geht in Ordnung, aber was ist mit der ISO-Zahl und der Belichtungszeit?“ Ganz einfach: ISO-Zahl und Belichtungszeit sind in etwa die gleichen wie bei Fotos an sonnigen Tagen auf der Erde. Daraus ergibt sich eine richte Belichtung des Vollmonds bei Nach mit ungefähr

ISO 200, f8, 1/125 s

Glaubt ihr nicht? Dann probiert es einfach aus. Oder ihr schaut euch das folgende Bild an und glaubt mir, das ich euch keinen Bären aufbinden will:

Full Moon

ISO 200, f8, 1/125 s

Nagelt mich nicht auf die 1/125 s fest. Auch mit einer 1/160 s oder mit 1/80 s wird sich noch eine gute Belichtung ergeben. Auf jeden Fall kann man den Vollmond also problemlos aus der Hand fotografieren.

Wichtig: Diese Belichtungsdaten gelten nur für sternklaren Himmel. Sobald sich eine leichte Schleierbewölkung gebildet hat, stimmt das alles nicht mehr. Wolken schlucken logischerweise einen erheblichen Teil des Lichts. Die folgende Aufnahme entstand bei ebensolcher Schleierbewölkung.

Full Moon with Clouds

ISO 200, f5.6, 1/4 s

Der Unterschied in den Belichtungsdaten ist schon drastisch. Jetzt geht nichts mehr aus der Hand.

Kontrast

Die beiden Aufnahmen oben zeigen ja nur den Vollmond in einem dunklen Umfeld. Sobald jedoch der Mond und ein Vordergrund im Bild sind, werden die Kontraste in der Regel so hoch, dass der Mond normalerweise überbelichtet ist. Das Foto von Lismore Castle zeigt das Problem deutlich:

Lismore Castle

ISO 200, f11, 20 s

Für eine richtige Belichtung der angestrahlten Burg war eine Belichtungszeit von 20 Sekunden erforderlich. Ein vielfaches der richtigen Belichtungszeit für den Mond also. Folglich ist der Mond nur noch ein ausgebrannter, strukturloser Fleck am Himmel.

Belichtungsmessung bei Vollmond

Da der Vollmond relativ klein ist, wird die Bildfläche der Aufnahme bei üblichen Brennweiten vom schwarzen Himmel dominiert. Die mittenbetonte Integralmessung und die Mehrfeld- bzw. Matrixmessung führen dann zwangsläufig zu einer Überbelichtung des Mondes.

Die Spotmessung direkt auf den Mond verbessert das Messergebnis. Da jedoch der Mond deutlich heller als mittleres Grau erscheint, ergibt die Spotmessung ein etwas zu dunkles Bild.

Die Brennweite

Wenn wir den Mond mit bloßem Auge betrachten, erscheint er uns relativ groß. Auf einer Aufnahme mit mittleren Brennweiten wird er allerdings erstaunlich klein abgebildet. Die folgende Aufnahme entstand mit einer Brennweite von 200 mm an einer Vollformatkamera:

Moonrise in Namibia

200 mm Brennweite an Vollformatkamera

Selbst mit einer Brennweite von 700 mm erzielt man mit einer Vollformatkamera noch lange keine formatfüllende Aufnahme des Mondes:

Half Moon

700 mm Brennweite (500 mm + 1.4x Konverter) an Vollformat

Das Aufmacherbild …

… ist natürlich ein Montage. Das habt ihr euch sicherlich schon gedacht, aber ich wollte das Bild nicht unkommentiert lassen. Es handelt sich übrigens um Puxley Manor nahe Castletownbere, Co. Cork, Irland. Wie es entstanden ist, könnt ihr hier nachlesen.